Wahlen sind irgendwo traditionell immer in irgendwelchen Schulen. Diesmal sogar in einer ausgesprochen hässlichen Schule. So sah ich mich gezwungen das Bild mit meiner Wahlberechtigung zu zensieren.

Gefunden hatte ich die Schule schnell. Drinnen stand dann ein großer Tisch voller Wahlzettel – je nach Wahl in unterschiedlichen Farben (Kommunalwahlzettel alle blau und so weiter). Nun sammelt man einfach die Zettel der Partein ein, die man wählen möchte, und stopft dann in einer Wahlkabine jeweils einen in einen Wahlumschlag. Wer unbedingt seine Wahl vor seinen Mitwählern verschleiern mag, nimmt einfach alle Zettel mit in die Kabine und entsorgt den Rest dort. Die Wahlumschläge haben ein kleines Guckloch an der Seite. Hier lässt sich nur die Farbe erkennen. Die Wahlurnen sind dann ebenfalls farblich gekennzeichnet. Ich darf nur noch nicht für den Reichstag stimmen – für den Rest schon. So muss ich wenigstens auch keine Namen ankreuzen, die mir eh nichts sagen. Dann noch schnell meinen Ausweis gezeigt und meinen Namen im großen schlauen Buch abhaken lassen. Jetzt fix wieder nach Hause zu leckerem Kartoffelsalat, den ich gestern vorbereitet habe. Wahlrecht erfolgreich wahrgenommen. Und du?

Freitag. Einer meiner letzten hier oben. Da war ich heute glatt mal zu faul zum Kochen und fahre zur Feier des Tages zu BigBoy rüber, was ich sonst eigentlich nie mache. Die haben da sagenhafte Cheeseburger für nur 54 SEK mit Pommes und einer Cola. Am Ende sind es dann 600SEK mehr für “Fahren ohne Gurt” (in ner 30er Zone – ich hatte ja Zeit..) geworden. Meine Kamera hatte ich auch nicht dabei. Einziger Trost: Ich wurde in einem T5 vernommen. Am Ende haben wir dann noch ein wenig über VW-Busse allgemein gequatscht 🙂

Und auf dem Rückweg habe ich dann noch schnell meine gute Tat für heute vollbracht und nen Tramper ins Nachbarkaff mitgenommen. Der hatte gerade den Linienbus verpasst und der kommt nur alle zwei Stunden – lag ja auf dem Weg.

Fazit: YunkFood ist halt doch ungesund. Mahlzeit.

Dieses Wochenende stehen Kommunalwahlen in Piteå an. Zwar bin ich nur Einwanderer, doch darf ich hier ebenfalls schon mitwählen. Das ganze funktioniert eigentlich genau wie in Deutschland bis auf ein paar kleine Details. Da ist zum Beispiel erwähnenswert, dass man auch “Nichts” wählen kann. Dabei bleibt man aber nicht einfach zu hause, sondern wirft einen entsprechenden Wahlschein in die Urne. Damit wird signalisiert: Ich nehme mein Wahlrecht wahr, aber bin mit keiner der verfügbaren Parteien zufrieden. Eine Art stiller Protest, der sich trotzdem von den Nichtwählern abhebt. Im Moment bestimmen übrigens die Sozialdemokraten und es ist deren Schaffen, dass Einwanderer wie ich gratis Schwedisch lernen dürfen.

Heute war auf jeden Fall Informationstag zum Thema Parteien und Politik in unserer Schule. Entsprechend drehte sich heute alles im Unterricht um die Wahl – oder Schwedisch “Val”. Zwischendurch informierten wir uns an den Ständen der verschiedenen Parteien. Einige haben dabei sogar Flyer in dutzend anderen Sprachen und geben auch gerne auf Englisch Auskunft. Da alle Stände dicht zusammen stehen, werden wir auch Zeugen einiger hitziger Wortgefechte. Überall ertönt übrigens das selbe Lied: Geht wählen – egal was. Hauptsache ihr geht alle zur Wahlurne. Genau wie in Deutschland nehmen viele ihr Wahlrecht nicht wahr. Die Sozialdemokraten haben dazu einen netten Flyer entworfen:


Gehe am 17. September wählen und bringe einen Freund mit!

Ich war heute in Luleå einkaufen. Auf dem Rückweg habe ich einen kleinen Abstecher von der E4 gemacht und dabei rein zufällig diesen schönen T2 im erstaunlich guten Zustand gesehen. Die Zulassung ist 2005 ausgelaufen aber ich bin sicher, dass er auch heute noch fahren könnte. Auffällig sind die Schiebetüren auf beiden Seiten. Da es sich um einen geschlossenen Kasten mit gelber Farbe handelt, vermute ich ein ehemaliges Postauto. Auch interessant ist: Der Anschluss für das Motorvorwärmsystems befindet sich im rechten (Blech)Ohr. Eine zusätzliche Standheizung hat er wohl auch noch. Selbst das Radio war noch ein Original.

Träsk bedeutet Sumpf. Und Lång… nunja – dieser Teil des Landes besteht nur aus Sumpf und Wald. Zivilisation ballt sich in wenigen kleinen Städten und zwischen diesen findet sich eigentlich kaum etwas. Ab und an ein paar vereinzelte Höfe direkt an der Strasse und sonst Natur pur. Die Reichsstrasse wird fast nur von den Einheimischen, ein paar wenige Holztransporter und natürlich Touristen genutzt. Wie bereits früher erwähnt ist die Straße tückisch. Abgesehen von den allgegenwärtigen Rentieren und ab und an einem Elch muss man auch sonst die Augen stets offen halten.

Voller Steigungen, Gefällen und engen Kurven sowie Spurrillen und schlechtem Belag ist die Straße allerhöchstens für 90 km/h frei gegeben. Einige Teile der Strecke nur für 70 km/h. Hier oben werden nirgends unnötige Schilder aufgestellt – sieht man eines sollte man sich tunlichst an die Vorschrift halten. Ein Auge stets im Wald und eines auf der Straße ist sie trotz allem wunderschön zu befahren – zumindest im Sommer.

Geheimnisvolle Feldwege leiten zu Abstechern in die Natur ein. Brücken kreuzen Flüsse und Seen warten hinter jeder Wegbiegung und laden zum Schwimmen ein. Ab und an findet man auch ein kleines Hinweisschild: “Kaffe & Fika” was soviel wie Kaffee und Kuchen oder Teezeit bedeutet. Hier empfehlen sich kleine Zwischenstopps um später erholt weiter zu fahren.

Doch nicht nur Tiere und Natur finden sich an der Straße. Häufig findet sich ein verlassenes Haus zwischen den Büschen. Die Stadtflucht ist in einigen Teilen des Landes deutlich sichtbar und Grundstückspreise sind hier draußen unfassbar niedrig und die Nachbarn rar.

Für Stadtmenschen unvorstellbar: Wasser kommt hier aus dem Brunnen. Wenn auch elektrisch an die Oberfläche befördert lebt man hier sonst ziemlich abgeschnitten. Strom kommt “meistens” über die Überlandleitung zusammen mit dem Telefon. Doch da hört der Luxus auch schon auf. Geheizt wird mit dem hauseigenen Boiler und Feuerholz. Zum Einkaufen geht es auch gerne mal 70 Kilometer in die nächste Stadt. Klar, dass hier ohne Auto nichts geht und kein Wunder, dass jeder seine Nachbarn kennt und alle eng zusammen arbeiten.

Es blutet das Herz doch es hilft alles nichts. Der alte Bus muss endlich geschlachtet und die Karosse fachgerecht entsorgt werden. Die letzten drei Tage wurde schwer geschwitzt und der alte Bus um viele Teile erleichtert und der neue Bus damit beladen.

Der Motor und das Getriebe sind raus. Das Herzstück ist nach wie vor voll funktionstüchtig – wenn auch überholungsbedürftig. Arbeit für lange Winterabende. Allerdings muss noch ein wenig zerlegt werden, da ich das so nicht transportieren kann. Und schwer ist der ganze Mist!!

Ich rette alles nützliche und brauchbare – darunter den halben Kabelbaum, Teile des Abgassystems und einen hübschen Haufen Kühlwasserrohre, die Volkwagen nicht mehr herstellt. Wie gut, dass ich jetzt einen Dachgepäckträger habe. Schwer beladen geht es wieder nach Hause nach Pitea. Nun muss nur noch die Karosse zum Schrottplatz. Die Pläne dafür sind auch schon geschmiedet.

Nein, das ist kein Versuch einen neuen Baum zu pflanzen und auch nicht die unsachgerechte Entsorgung einer Mülltüte am Straßenrand. Der abgerissene Zweig mit der schwarzen Fahne ist ein Mahnmal für andere Autofahrer. Die 373 ist tückisch – wie ich ja inzwischen aus erster Hand selbst weiß. Ich habe noch Glück im Unglück gehabt. Letzte Woche hat die Straße weitere Opfer gefordert. Ein Fahrer verlor bei überhöhter Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Fahrzeug und prallte frontal mit dem Gegenverkehr zusammen. Die schwarzen Flaggen erstrecken sich über die volle Unfallmeile und sind ein erhobener Zeigefinger für alle Raser sowie Gedenkstätten für die Unfallopfer. Dieser Brauch ist einzigartig für den hohen Norden – hier in Norrbotten Län, Schweden.

Die Jagdsaison ist eröffnet. Nun geht es den Rentieren wieder an den Kragen. Da diese Tiere hier oben eine wahre Pest sind, habe ich wenig Mitleid. Übrigens schmecken die wirklich gut und ich habe die lieber auf dem Teller als wie auf der Windschutzscheibe. Was ich nicht verstehe ist, warum einige Deutsche wohl echt bis zu 15.000 Euro locker machen, um an einer Jagd teilzunehmen – immerhin kann hier jeder einfach los ziehen.

Ulf jagt gerne und viel – ausgerüstet mit einem kleinen Arsenal an Waffen, WalkiTalki und Jagdhund zieht er nun fast täglich los. Nur die Warnweste-/Mütze sollte man nie vergessen. Sein Sohn hat gestern zwei fette Vögel geschossen – die erste Beute seines Lebens. In anderen Kulturen ist er damit wohl zum Mann geworden und die Familie hat einen neuen Jäger. Mahlzeit 🙂


Heia Heia Safari!

Zwar eine Mischung aber doch eindeutig Schäferhund war Isa wohl meine nächste Verwandte hier oben. Den Krebs hat der Dok schon vor zwei Jahren festgestellt und ihr schon damals nur noch einen Monat gegeben. Isa hat das zwei weitere Sommer nicht interessiert und war bis zum letzten Tag auf den Beinen. Ob das an der Knochendiät lag? Denn Knochen gab es nie – Feuerholz musste genügen. Keine bettelnden Augen mehr, sobald ich meine Nase aus der Hütte steckte, die darum bitten ein Stück Feuerholz zu schleudern. Und wer rettet nun meine Grillwurstreste vor dem Schimmeltod?

Heute hatten wir nur den halben Tag lang Schule. Nach der Pause wurden wir alle in die Aula gescheucht um der Vorstellung einiger Musikstudenten zu lauschen. Auf der Bühne standen eine Menge Trommeln und ein Klavier herum. Als dann noch ein hagerer langhaariger Student mit Brille verschämt auf der Bühne herumtrippelte und sich leise vorstellte, verdrehte ich bereits innerlich die Augen. Zu Unrecht – wie ich kurz darauf feststellen musste. Dieser riss sich nämlich alsbald das Shirt vom Leibe, die Brille herunter und das Haarband aus den Haaren. Hård-Rock quer über die Brust gepinselt, und von drei weiteren halbnackten Trommlern unterstützt, wollte ich meinen Augen und Ohren kaum trauen. Eigentlich hätte ich ja mit so etwas rechnen müssen, wenn ich meine letzten Erfahrungen mit dem Musikstudenten hier im Hinterkopf behalte. We will rock you!

Die nächste Überraschung folgte auf dem Fuße, als im Anschluss verschiedene Sänger nacheinander die Bühne betraten. Unterstützt von Querflöte und Violine durfte ich nun Stücken aus dem Werk “Neun Deutsche Arien” wie “Flammend Rose” und “Süße Stille” lauschen. Ich bin zwar irgendwo in Nordschweden kurz vor Finnland in einer Kleinstadt mit vielleicht 25.000 Einwohnern, doch plötzlich sitze ich in einer Oper mit perfektem deutschsprachigen Gesang. Tief bewegt lausche ich bis zur letzten Note.

Zu guter letzt spielten noch zwei Gruppen Stücke aus der Welt des Jazz und Blues – inklusive dem entsprechendem Outfit. Anzüge, Krawatten und schief sitzende Hüte oder Mützen, wie man das so sonst nur aus dem Fernseher kennt. Herr Ober – Tisch 23 bitte! Ich könnte jetzt einen Drink vertragen.