Die Jagdsaison ist eröffnet. Nun geht es den Rentieren wieder an den Kragen. Da diese Tiere hier oben eine wahre Pest sind, habe ich wenig Mitleid. Übrigens schmecken die wirklich gut und ich habe die lieber auf dem Teller als wie auf der Windschutzscheibe. Was ich nicht verstehe ist, warum einige Deutsche wohl echt bis zu 15.000 Euro locker machen, um an einer Jagd teilzunehmen – immerhin kann hier jeder einfach los ziehen.

Ulf jagt gerne und viel – ausgerüstet mit einem kleinen Arsenal an Waffen, WalkiTalki und Jagdhund zieht er nun fast täglich los. Nur die Warnweste-/Mütze sollte man nie vergessen. Sein Sohn hat gestern zwei fette Vögel geschossen – die erste Beute seines Lebens. In anderen Kulturen ist er damit wohl zum Mann geworden und die Familie hat einen neuen Jäger. Mahlzeit 🙂


Heia Heia Safari!

Am Wochenende war ich in Arvidjaur. Dort habe ich nach Arbeit gesucht und Peter besucht. Unerwarteterweise habe ich sogar einen Job für die Wochenendtage gefunden. Zwar nichts dauerhaftes aber immerhin. Gewohnt habe ich in Peters Wohnwagen in der Zeit. Zufälligerweise hat Peter an dem Wochenende auch noch eine Party geschmissen und ich nicht rechtzeitig aufgehört. Und hier kommt die Wochenendbillanz von Freitag bis Montag:

[x] Hauswand lackieren: gelernt
[x] Nordlichter: geguggt
[x] Holz lasieren: gelernt
[x] Rentieren: ausgewichen
[x] Stahlstangen mit Flex schneiden: gelernt
[x] Seele nach versoffener Nacht: ausgekotzt
[x] Stahlstangen in Form biegen: gelernt
[x] Bus auf 140km/h: getreten
[x] Grube ausheben: gelernt
[x] Schule für Immigranten (SFI) rechtzeitig: gefunden

Möööh:

Im Norden gibt es keine Bulli-Community. Ich als T3-Fahrer konnte das natürlich nicht so bleiben lassen und so habe ich bei jeder Gelegenheit die örtlichen Busfahrer angesprochen. Interessierte sind dann auch promt zum ersten Barbeque vor einigen Wochen, zu dem ich geladen hatte, erschienen. Der Bus wird übrigens von den Schweden “Folkabuss” gerufen – was soviel wie Volkswagen-Bus bedeutet. Der Begriff Bulli ist nicht weiter bekannt.



Am Freitag Abend war es dann wieder so weit. Begeistert vom ersten Versuch wurde gegrillt, gequatscht, Busse angeschaut und zu guter letzt gab es noch eine kleine Bulli-Karawane durch die Stadt als wir allen Teilnehmern Geleitschutz nach Hause boten. Nun weiß auch jeder wo der andere wohnt.


Mit großer Zufriedenheit habe ich beim zweiten Treffen festgestellt, dass mein Schwedisch immer besser wird. So konnte ich den Gesprächen der anderen Busfahrer wesentlich besser folgen und musste kaum noch um Übersetzungen auf Englisch bitten. Aber schon beim ersten Treffen klappte mit einem Mix aus Englisch, Schwedisch, Deutsch, Händen und Füssen irgendwie: “det heter ‘Zahnriemen’ i tyska – and you should replace it. It’s too old.”



Ja, das bin ich nebst meiner brandneuen Reserveradhalter-Feuerstelle. Die brauche ich am alten Bus (RIP) ja nicht mehr und so habe ich wenigstens eine sinnvolle Verwendung gefunden.



Der Mann mit der Mütze ist übrigens Carl. Er hat mir damals schon beim “Umzug” geholfen und mit mir meinen Kram aus dem Wrack nach dem Unfall geborgen. Ich habe ihn 2 Tage vor dem Unfall durch Zufall vor seinem Bus kennen gelernt und war heilfroh, dass er mir ohne weitere Fragen geholfen hat. “Damals” noch ohne irgendwelche Kontakte hier war er meine einzige Chance alles in einem Rutsch zu bergen und zu transportieren.

Nun habe ich mir den ganzen Tag die Hacken abgelatscht und bin von Amt zu Amt und von Firma zu Firma gezogen. Einen Job habe ich leider wieder nicht bekommen aber dafür bin ich nun im SFI. “Swedish For Immigrants”. Hier lerne ich unter anderem richtig Schwedisch. Der Kurs geht planmäßig über mehrere Wochentage verteilt bis nächstes Jahr. Das beste: Er ist gratis – insklusive Material wie Lernbücher. Na wenn das nicht mal eine gute Nachricht ist! Am 21. geht es los. Einen Praktikumsplatz kann man scheinbar ebenfalls ‘einfordern’. Das ist dann zwar nur Taschengeld aber Geld ist Geld. Ich bleibe dran 🙂


Dieses Schmuckstück habe ich vor einigen Wochen auf blocket.se gefunden. Mit Standort Vilhemina war der Bus ca. 350 Kilometer von mir entfernt. Ulf hat aber freundlicherweise während meiner Bussuche immer begleitet und an die weiter entfernten Orte gefahren. Nach einer knapp einstündigen Untersuchung war ich mir sicher: Das sollte mein neuer Bus werden. Zu beanstanden hatte ich wirklich nur Kleinigkeiten. Im sehr guten unverbastelten Zustand hat der Bus schlappe 160TKM runter. Baujahr 1989 und blau/blau wie mein alter Bus ist er ebenfalls. Die Motorisierung ist ein Benziner mit MV-Motor. Also gleiche Leistung bei schlechterer Emissionsklasse wie mein alter SS-Motor (den ich ja noch habe ;)). Dazu als ausschlaggebener Bonus: Rostfrei. Nun konnte ich das Schmuckstück endlich abholen gehen. Der Geldtransfer aus Deutschland war mal wieder quälend langsam. Leider scheiterte der Papierkram mal wieder an meinen inzwischen heissgeliebten “4 numbers”. Zwar bekomme ich mit dem Kauf eine Koordinierungsnummer vom Steuerbüro, die genau so wie meine persönliche I-Nummer funktioniert und die ich dann lustigerweise auch als solche nutzen kann, doch muss diese Nummer vom Kraftfahrzeugamt beantragt werden. Und das dauert natürlich. Demnach war keine eintägige Versicherung für die Überführung des Fahrzeugs aufzutreiben. Macht aber nix, da der Tüv ebenfalls schon lange abgelaufen ist (Der Bus wurde hier letzten Winter schlichtweg nicht benutzt). Wenigstens steht der Bus nun vor meiner Hütte und ich bin sozusagen wieder quasi-mobil 🙂

Ich habe meinen Augen erst nicht so recht trauen wollen. Als ich diesen Abend meine tägliche Radtour unternahm, habe ich mitten im Wald neben dem Studentenwohnheimen einen Haufen Studenten mit jeder Menge technischer Ausrüstung gefunden. Meinen Ohren ebenfalls nicht trauend wurde mir rasch klar, dass hier live-Radio gemacht wurde. Mitten im Wald! Die Kabel waren überall zwischen den Bäumen verstreut und die Antenne provisorisch an einen Wegweiser geklammert. Auf mein Nachfragen wurde mir erklärt, dass heute der letzte Sendetag ist. Semesterferien stehen vor der Türe und die meisten Studenten gehen nun erstmal bis Ende August nach Hause oder in den Urlaub. Anlässlich des letzten Sendetags hatte man sich also etwas besonderes einfallen lassen. Nebst Radio wurde also noch fleissig gegrillt und Wein vernichtet sowie gemeinsam gesungen. Ich bin also unverhofft in der seltsamtes ‘Party’ meines Lebens gelandet. Erst früh am Morgen traten alle den Heimweg an. Ein wirklich schöner Abend, der eigentlich nur eine kleine Radtour werden sollte. Leider hatte ich meine Digitalkamera nicht dabei und so gibt es keine Bilder. Ebenfalls traurig: Meine guten alten Bundeswehrstiefel haben sich heute völlig aufgelöst. Schätze es wird nun doch mal Zeit für ein Paar neue Treter 🙁


(Bild: Blick auf den See um 2 Uhr frueh)

Heute haben wir die neue Wasserpumpe angeschlossen. Sunny hat letzten Winter das Wasser nicht abgedreht und als dann das Wasser gefroren ist hat es die alte Pumpe zerrissen. Leider auch so ziemlich jedes Verbindungsstück in der Hütte. Plötzlich hatte ich überall fliessendes Wasser nur ohne die Möglichkeit es wieder abzustellen. Wenigstens hat der Boiler überlebt und während wir aus vielen unpassenden Reststücken Adapter bauten konnte der Boiler bereits Wasser erhitzen. Die ganze Wasseranlage ist nun ziemlich provisorisch geflickt und ich kann alle Wasserhähne und sogar die Dusche benutzen. Allerdings rechne ich jeden Moment mit dem Geräusch einer platzenden Dichtung und halte schon Eimer und Schüsseln parat. Am Montag werden neue Teile gekauft und dann sehen wir weiter. Das wäre dann auch ein guter Zeitpunkt den Abfluss vom Waschbecken im Bad frei zu bekommen – da fliesst nämlich nichts ab. Dann können wir auch gleich die letzten beiden Lecks in der Dusche dicht machen. Da stört das tröpfelnde Wasser aber nicht so weil es ja in der Dusche ist. Nun kann ich auch warm duschen und das eigene Klo richtig benutzen und muss nicht immer zu Sunny rüber rennen oder Wasser in Eimern anschleppen. Die kleine Spühlmaschine schliessen wir dann irgendwann auch mit an. Das stört mich aber gerade nicht im Geringsten da kaum Geschirr anfällt. Ist schnell per Hand erledigt und ich bin es ja langsam gewohnt da ich seit meinem Aufbruch in Deutschland nur so Geschirr gespühlt habe. Achja: Danke Dad dass ich bei dir auch lernen durfte wie man eine Wasserleitung verlegt! Ist schön nicht völlig nutzlos und hilflos zu sein wenn was hinüber ist 😉


In Piteå ist nicht viel los. Eigentlich ist hier regulär garnichts los. Wie bereits aus anderen Berichten zu vermuten ist gibt es hier einfach nicht viel. Auf der Kneipenmeile gibt es über den Daumen gepeilt 4 Pubs. Davon sind alle, bis auf Kallä, unter der Woche geschlossen und öffnen nur am Wochenende kurz die Pforten. Allein weil Kallä jeden Abend offen hat mag ich den Laden schon. Ein anderer Grund ist sicherlich die schöne hölzerne Einrichtung kombiniert mit den düstersten Glühbirnen (die Hälfte natürlich kaputt und außer Funktion), die auf dem freien Markt erhältlich sind. Schöne alte Bilder von schnellen Autos und heißen Frauen (oder war das umgekehrt?) zieren die Wände. Eine echtaltehrwürdige Spelunke mit klischeehafter Rockmusik und gelegentlichen Live-Auftritten eben wie ich das so mag. Nur der Zigarrendunst wird vermisst – Rauchen darf man zum Schutz des Personals nämlich nirgends in Schweden in den Kneipen.


Und am Wochenende steppt hier tatsächlich der Bär. Zumindest die Security mutet wie ein Bär an wenn die Hausregeln durchsetzt und für Ordnung gesorgt wird. Jacken vorne abgeben, was natürlich extra kostet, Passkontrolle, Gesichtskontrolle und wer Hausverbot hat versucht lieber garnicht erst trotzdem rein zu kommen. Drinnen geht es dann ab Mitternacht für etwa zwei Stunden an Freitag und Samstag hoch her. Dank eines gewissen Gesetzes muss nämlich schon um 2 Uhr früh wieder geschlossen werden. Darum wird schnell und gründlich gefeiert. Natürlich wärmt man sich vorher in privater Runde schon mit ein paar Bierchen auf und wer bis um zwei Uhr in der früh noch keine Afterparty – die Party danach eben – gefunden hat kann gleich nach Hause gehen. Gegen Schließzeit geht dann auch schon das Cruisen los. Da alle Kneipen an einer langen Strasse liegen kann das wochenendliche Gelage nicht nur exzellent von der Polizei beobachtet werden sondern auch gut von ‘den Fahrern’ übersehen werden. Diese cruisen mit den verschiedensten Vehikeln – von steinalt und laut knatternd hin zu Rennwagen mit sportlichen Sound ist da alles dabei – die Partymeile rauf und runter. Immer schön im Kreis. Dabei werden Bremsen, Subwoofer und die wildesten Bemalungen der Fahrzeuge präsentiert. Stets in der Hoffnung hübsch bemalte Weibchen in die Fahrzeuge zu locken wird dabei regelmäßig angehalten und lautstark gehupt. Um drei Uhr ist der ganze Spuck dann urplötzlich vorbei und die Stadt liegt wieder tot und verlassen da. Sogar die Strassenbeleuchtung ist bereits erloschen da es ja bereits seit einer Stunde wieder taghell ist.


Die School of Rock kennt ja schon jeder – die Church of Rock hingegen nicht. Unser Pastor Kenneth hier ist etwas besonderes. Eigentlich war damals schon alles geregelt. Als begnadeter angehender (Rock)Musiker hatte er einen Schulplatz auf einer der angesehensten Musikschulen in den USA sicher und stand auch schon auf einigen Bühnen. Alles war bereits unter Dach und Fach und das Flugticket schon in der Tasche als ihn “Der Ruf” ereilte und er sich stattdessen an einer Schule für Pfarrer meldete. Für seine Eltern wohl ein Schock – für seine Gemeinde hier ein wahrer Segen. Kenneth predigt in “seiner” evangelischen Bapistenkirche und wie sich vermuten lässt ist diese Kirche ziemlich einzigartig. Dicht neben der hissigen Musikschule gelegen, welche ein Ableger der Universität in Luleå ist, treffen sich in seiner Kirche nicht nur außergewöhnlich viele Jugendliche sondern eben auch viele angehende Musiker. Sein eigener Sohn ganz vorne mit dabei ist natürlich Rockmusik wohl am meisten verbreitet. Wen wundert es da, dass aus den Lautsprechern der Kirche allabendlich rockige Klänge zu vernehmen sind, die so mit der üblichen Kirchenmusik so garnichts gemein haben.


Heute wurde dies allerdings noch um Meilen übertroffen als zu Livemusik mit Hamburgern frisch vom Grill geladen wurde. Auf dem Programm standen Cover von Deep Purple und fröhliches Zusammensein. Gegrillt hat Kenneth – wie immer bei solchen Veranstaltungen. Gerockt hat sein Sohn zusammen mit anderen Schülern der Musikschule. Die Ehre der Vorband hatten die Kids als weiterer Nachwuchs der Musikschule. Auf- und Abgebaut haben wir alle zusammen. Ein gelungener Abend der so richtig gerockt hat.